Меню

Kirchhoff G. L' A. B. C. Musical. Preludes and Fugues in all tonalities for organ or clavecin

Kirchhoff G. L' A. B. C. Musical. Preludes and Fugues in all tonalities for organ or clavecin

790 ₽

Order now
978-5-7379-0230-8

Author:
Kirchhoff G.
Author (full):
Gotfrid Kirchhoff
Title (full):
L' A. B. C. Musical. Preludes and Fugues in all tonalities for organ or clavecin. Basso-generale realization (facsimile edition of about the 1734)
Number of pages:
132

The full titul:

L’ A. B. C. Musical
Contenant
des Preludes et des Fugues de tous les Tons
Pour l’Orgue, ou le Clavecin,
Fort utile aux disciples pour aprendre à accompagner de la Basse Continue
et à faire des Preludes et des Fugues;

Composé par Monsieur
Gottfried Kirchhoff
Directeur de la Musique et Organiste de l’Eglise de la S-te Vierge à Halle.
Opera Prima.
Imprimé aux depens
de Gerhard Fredrik Witvogel,
Organiste de l’Eglise Neuve des Lutheriens a Amsterdam.
No 31.


Faksimile Nachdruck 2004 der Originalausgabe Amsterdam ca. 1734
Herausgegeben, kommentiert und Generalbass realiziert von
Anatoly Milka

VORWORT (Fragmenten)

     Zum ersten Mal wurde das L’ABC Musical (Musikalisches ABC) von Gottfried Kirchhof — seine «bekannten Fugen über alle 24 Töne» — wohl im ersten Teil der «Abhandlung von der Fuge» (1753) von W. Marpurg erwähnt. Aber aus dem angeführten Zitat wird ersichtlich, dass Marpurg das Original des L’ABC Musical entweder nicht gesehen oder nur flüchtig durchgeschaut hat, denn es enthält Präludien und Fugen nicht über 24, sondern über 16 Töne. Publikationen aus dem 19. Jahrhundert, die sich auf das L’ABC Musical berufen, erzeugen den Eindruck, dass ihre Autoren dieses Werk gekannt haben. Doch die späteren (auch heutigen) Abhandlungen und musikalischen Lexika behaupten bereits direkt, dass es verlorengegangen sei. Der Zeitpunkt, wann das L’ABC Musical verloren ging, lässt sich heute schwer bestimmen.
.........................................................
    ...scheint Kirchhof selber den Vorwand zum Missverständnis geliefert zu haben, da er auf Präludien und Fugen «über alle Töne» verwies, obwohl er die allgemein gültigen Tonarten meinte. Es besteht kein Grund zu vermuten, dass der Verleger aus Versehen oder absichtlich nicht alle Fugen veröffentlichte, denn am Ende der Ausgabe findet sich ein eindeutiger Vermerk: «Fine».
.........................................................
     Im März 2002 haben wir Kirchhofs L’ABC Musical in der Bibliothek des Staatlichen Konservatoriums St. Petersburg entdeckt. Es wird wohl auch früher von Musikern eingesehen worden sein, doch sie glaubten wahrscheinlich, es mit einem bekannten Werk zu tun zu haben. In den russischen Quellen, einschliesslich der sechsbändigen Musikalischen Enzyklopädie, der musikalischen Lexika und der wissenschaftlichen Abhandlungen, fehlen jegliche Angaben über das «Musikalische ABC» sowie über dessen Autor, Gottfried Kirchhof. Dabei äusserten sich seine Zeitgenossen, die ihn kannten, über ihn höchst respektvoll und gebrauchten solche Attribute wie «bedeutend» oder «berühmt». Im Bereich des Klavier- und Orgelspiels aber wurde er sogar mit Johann Sebastian Bach verglichen.
.........................................................
     Leider sind keine direkten Äusserungen von Zeitgenossen Kirchhofs über dessen Musik erhalten geblieben, doch allein die Tatsache, dass einige seiner Werke Bach zugeschrieben wurden, spricht Bände.
.........................................................
     Gottfried Kirchhof (1685–1746) wurde in Mühlbeck, einer kleinen Stadt nahe Bitterfeld, in der Familie eines Musikers, eines Stadtpfeifers, geboren. Mehrere Generationen des Musikergeschlechts Kirchhof wirkten in verschiedenen Städten dieser Region: Bitterfeld, Weissenfels, Halle, Quedlinburg und Leipzig. Einige von ihnen waren sogar in den Niederlanden, Danemark und Russland bekannt. Zusammen mit Georg Friedrich Händel lernte Gottfried Kirchhof bei dem damals bekannten Komponisten und Organisten der Marien-Kirche in Halle, Friedrich Wilhelm Zachow (1663– 1712), das Klavier- und Orgelspiel sowie das Komponieren. 1709 nahm Kirchhof die Einladung des Herzogs von Holstein-Glücksburg an und wurde dessen Hofkapellmeister. Zwei Jahre später gab er diesen Posten auf, um nach Quedlinburg zu ziehen und dort den Posten des Organisten an der Benediktus-Kirche zu übernehmen. Nach Zachows Tod wurde ein Wettbewerb um die entstandene Vakanz ausgeschrieben, den Johann Sebastian Bach gewann. Dieser verzichtete jedoch auf den Posten, und 1714 erhielt ihn Kirchhof, einer der besten Schüler Zachows. Seit dieser Zeit war er Organist und Musikdirektor der Marienkirche. 1716 traf Kirchhof wieder mit Bach zusammen, diesmal während der Prüfung und Einweihung einer neuen, vom Meister Kunzius geschaffenen Orgel für die Marienkirche. Die Orgel wurde von einer aus drei bekannten Musikern — J. Kunau aus Leipzig, Bach aus Weimar und Chr. Rolle aus Quedlinburg — bestehenden Kommission geprüft. Für die Festlichkeiten anlässlich dieses Ereignisses komponierte Kirchhof zwei Kantaten. Seine Beziehungen zu Bach scheint er weiter gepflegt zu haben. Im April 1718 stand Gottfried Kirchhof zusammen mit Bachs Frau, Maria Barbara, Pate bei der Tochter Johann Gotthilf Zieglers, einem Schüler von Bach, dem Organisten der Ulrichskirche in Halle. Als Musikdirektor und Organist der Marienkirche erhielt Kirchhof mehrmals die Einladung, wieder Hofkapellmeister des Herzogs von Holstein-Glücksburg zu werden, doch er lehnte das ehrenvolle Angebot jedes Mal ab und bekleidete seinen Posten, wie auch sein Lehrer, bis zu seinem Tod und wurde dann von Bachs ältestem Sohn, Friedemann, abgelöst.
.........................................................
     Eine ... musikalische Idee, die sowohl von Bach als auch von Kirchhof verwirklicht wurde, war ein Sammelband von Präludien und Fugen in allen Tonarten: Bei Bach war das bekanntlich «Das wohltemperierte Klavier», bei Kirchhof «Das musikalische ABC». Das Entstehungsdatum des «Musikalischen ABC» bleibt unbekannt, es fehlen auch jegliche Angaben darüber. Das Manuskript ist leider nicht erhalten geblieben. Man weiss nur den Ort und das ungefähre Datum der Publikation. Das Titelblatt des «Musikalischen ABC» besagt, dass es in Amsterdam von Gerhard Fredrik Witvogel, dem Organisten und Verleger der dortigen Neuen lutherisch-evangelischen Kirche, herausgegeben wurde. A. Dunning, der Witvogels Tätigkeit erforscht, datiert diese Publikation etwa in das Jahr 1734.
.........................................................
     Ein besonderes Interesse für das Entstehungsdatum des «Musikalischen ABC» erklärt sich dadurch, dass es, wie auch das «Wohltemperierte Clavier» von Bach, ein Sammelband von Präludien und Fugen in allen Tonarten ist. Welches der beiden Werke entstand zuerst? Wer von den beiden Komponisten ist der Autor des ersten Sammelbandes von Präludien und Fugen in allen Tonarten? Bach und Kirchhof sind die einzigen Autoren, die diese Idee verwirklicht haben. Unter den Komponisten, die dieser Idee am nächsten standen, waren Johann Caspar Ferdinand Fischer und Joseph Nicolaus Torner10. Jedoch nur in den genannten Werken von Bach und Kirchhof wird auf dem Titelblatt — anscheinend erstmalig in der Geschichte der Musik — darauf verwiesen, dass es sich um Präludien und Fugen in allen Tonarten handelt.
.........................................................
     Indem Dunning versuchte, sich über die Besonderheiten des L’ABC Musical Klarheit zu verschaffen und auch dessen Entstehungsdatum zu bestimmen, wurde er auf den oben angeführten Verweis des Autors aufmerksam, dass die Präludien und Fugen alle Tonarten umfassen. Er ging davon aus, dass der Komponist bestrebt war, neue Möglichkeiten des Temperatur-Systems von Andreas Werkmeister (1645–1706) zu benutzen, das alle 24 Tonarten des Dur-Moll zugänglich machte. Da aber das Werk verloren gegangen war, wusste Dunning allem Anschein nach nicht, dass für Kirchhof «alle Tonarten» nicht 24, sondern 16 bedeutete und das L’ABC Musical mit der Theorie Werkmeisters nichts zu tun hat. Es geht hier nicht um alle existierenden, sondern um alle gebräuchlichen Tonarten. Ähnlich verhält es sich mit Bachs Sammelband von Inventionen und Sinfonien, ebenfalls in allen Tonarten komponiert (obwohl Bach von dieser Besonderheit nichts sagt), von denen es aber diesmal nur 15 gibt.
.........................................................
     Sowohl das «Musikalische ABC» von Kirchhof, als auch die «Inventionen und Fugen» und «Das wohltemperierte Klavier» von Bach sollten eigentlich vor allem als Lehrmittel für die jungen Musiker im Bereich Klavierspiel und die Grundlagen der Komposition dienen. Aber das Titelblatt des L’ABC Musical zeigt, dass die Ausgabe auch ein weiteres Ziel verfolgt: Das Erlernen der Technik und des Lesens des Generalbasses (Basso continuo11) sowie der Komposition (im Original faire - das Schaffen, das «Machen») von Präludien und Fugen12. Deswegen sieht der Sammelband für die heutigen Musiker recht ungewöhnlich aus: Alle Präludien und Fugen sind hier chiffriert. Für die Musiker des 18. Jahrhunderts stellten solche Notenschriften kein Rätsel dar. Es war eine gewöhnliche, einzeilige Aufzeichnung der Polyphonie in der Technik der Bassbezifferung: Die Unterstimme wurde mit Noten fixiert und mit einer Reihe von Bezifferungen versehen, in denen die restlichen Stimmen nach bestimmten Regeln chiffriert waren. Bei der Dechiffrierung war eine gewisse Freiheit in Bezug auf die Konkretisierung der Faktur, aber nicht des harmonischen Inhalts (der durch die Bezifferung ganz eindeutig festgelegt wurde) zugelassen. Deshalb blieb für eine fachgerechte Realisierung des bezifferten Basses und der Erzeugung einer natürlich klingenden musikalischen Faktur nicht viel Spielraum, nicht viele Varianten, übrig. Diese Varianten zu finden — darin bestand die eigentliche Kunst der Bassbezifferung. Wollte aber Kirchhof, dass diese oder jene Stelle genau so klang, wie er sich das vorstellte, chiffrierte er das entsprechende Fragment nicht, sondern notierte es aus, seien es Strettas, Kombinationen von Themen und Gegenthemen, oder gar Zwischenspiele.
.........................................................
     Die Entdeckung des «Musikalischen ABC» von Kirchhof ist unseres Erachtens nicht nur wichtig für sich, sondern sie kann auch zum Lösen des Rätsels beitragen, wer der Autor der Fugen aus dem als P 296 bekannten Manuskript (dem sogenannten Langloz-Manuskript) ist.
.........................................................
     Ein Vergleich des «Musikalischen ABC» mit dem Manuskript P 296 zeigte, dass es sich bei der Hälfte der Fugen aus Kirchhofs Sammelband um Stücke aus dem Langloz-Manuskript handelt.
.........................................................

A.Milka
Juni 2003
St. Petersburg


   

Author
Kirchhoff G.
Author (full)
Gotfrid Kirchhoff
Title (full)
L' A. B. C. Musical. Preludes and Fugues in all tonalities for organ or clavecin. Basso-generale realization (facsimile edition of about the 1734)
Number of pages
132